Über Propagandastrategien 

Propaganda Basics
Eine der Voraussetzungen für Kriege und die gewaltsame Durchsetzung von Einzelinteressen ist nachhaltige Propaganda, die Feindbilder schafft, starke Emotionen wie Angst, Scham und Ohnmacht abruft und ihre Adressaten zu Opfern macht, deren Rechte verteidigt werden müssten.  Das wirklich Ärgerliche daran: Die antidemokratische Bewegung ist weltweit ziemlich gut vernetzt und gut finanziert aufgestellt, um Propagandastrategien länderübergreifend umzusetzen. Ziel ist es, demokratische Systeme mit stark emotional geführten Debatten zu schwächen und das Vertrauen in Politik, Presse und auch in die eigenen Nachbar*innen nachhaltig zu erschüttern. Je anonymer die Netzwerke umso mehr Möglichkeiten haben Trollfabriken die Diskussionen zu manipulieren, Falschbehauptungen aufzustellen und Menschen gegeneinander auszuspielen, die eben noch ähnliche Ziele hatten. 

Von Kindergärten und Graffiti-Botschaften auf Eis

Die Kreml-Propaganda aber macht auch vor russischen Kindergärten nicht Halt. Hier werden Kleinkinder an Feiertagen in Kostüme gesteckt, die mit einem großen Z versehen sind, um den Krieg gegen die Ukraine zu unterstützen. Im Internet kursieren Erzählungen von einem Europa, das im Chaos versinkt , die von zahlreichen Mitarbeiter*innen der Kreml-Propagandawerke geteilt werden. An den Häuserwänden werden die vielen Graffiti-Botschaften der Protestbewegung zu jeder Tageszeit beseitigt, während das große Z stehen bleibt. Wie absurd die Bemühungen sind, den Protest ganz unsichtbar zu machen, beschreibt das Foto auf der Titelseite der russischen Künstlergruppe mediapartisans.org, auf dem ein Beamter einen Schriftzug auf Eis zu beseitigen versucht.
Auf den offenen Telegramkanälen versucht man die Anzahl der russischen Protestgruppen mit Kreml-eigenen Propaganda-Gruppen wie der Cyberfront_Z zu überbieten. Wie stark die Kreml-Propaganda auch aus dem Ausland mitfinanziert wird, kann nicht beziffert werden. Dass aber auch in Deutschland ein Netzwerk an Unterstützung existiert, ist unumstritten.

Sanktionen und Kontaktmauern

Auch die Sanktionen und die Einstellungen der Kooperationen werden für Propaganda und die Stärkung von Feindbildern benutzt. In der Kremlpropaganda wird sogenannten "westlichen Mächten" auch angedichtet, Gewalt gegen russische Journalist*innen verüben zu wollen. Vor dem Hintergrund der Inhaftierung russischer Journalist*innen ist diese Verkehrung der Tatsachen geradezu simpel. Doch wenn Propagandakanäle zur einzigen Quelle geworden sind, funktioniert diese Strategie trotzdem. 

Wie man Misstrauen schürt
Komplexere Propagandastrategien gehen noch weiter: So kommt es häufig vor, dass Multiplikator*innen Videos oder Fotos aus der russischen Protestbewegung zugespielt werden, damit sie diese veröffentlichen. Kurz darauf werden diese Fotos oder Videos wie zufällig als "Fake" enttarnt.  Ein beliebter Trick ist es, Videos und Fotos zu teilen, in denen die Brutalität von russischen Beamten ausgestellt wird. Das Bildmaterial stammt häufig aus vermeintlich sicherer Quelle, wie einem russischen Protestkanal. Einige agieren sogar mit gestohlenen Fotos von ukrainischen Bürger*innen und ukrainischen Flaggen. Sobald die Bildmaterialen ausreichend in den sozialen Medien geteilt wurden, wird wie zufällig zum Beispiel durch den Faktencheck von Facebook aufgedeckt, dass es sich um falsche Informationen oder Archivmaterial handelt. Multiplikator*innen werden so absichtlich diskreditiert und können zur Aufklärung nicht mehr beitragen, weil sie nachgewiesenermaßen Falschmeldungen verbreitet haben. Auf perverse Weise clever, oder? 

Nach "russischem Vorbild"
Nicht-russische und unabhängige russische Medieninstitute müssen genauso wie russische NGOs, die sich nur zum Teil durch Hilfsgelder aus dem Ausland finanzieren, als sogenannte "ausländische Agenten" ausgezeichnet werden. Dadurch erscheinen Hilfsorganisationen und unabhängige Medien auf simple Weise schon dem Namen nach unglaubwürdig. Gerade konnte diese Strategie nach "russischem Vorbild" in  Georgien verhindert werden. In Bosnien soll sie nach aktuellen Berichten auf dem Plan stehen. Auch in vielen afrikanischen Ländern greift die Kreml-Propaganda bereits und hat nach einigen Berichten schon jetzt großen Einfluss auf das Meinungsbild. 

Einstellungen / Privatsphäre und Sicherheit auf Telegram/Whatsapp: 

Im Gegensatz zu europäischen Standards wird auf Datenschutzrechte in Russland ungefähr so viel Wert gelegt wie auf unabhängige Berichterstattung. Wenn Du einen Menschen in Russland per Whatsapp anschreibst, wirst Du sehen, dass die Profilbilder hier meist offen angezeigt werden. Du kannst entscheiden, ob auch Du Dein Profilbild offen lassen möchtest um Deine Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Andernfalls kannst Du Dein Profilbild für Menschen, die nicht in Deiner Kontaktliste sind, unsichtbar werden lassen. Weiteres erfährst Du unten:

Whatsapp
  1. Öffne Whatsapp auf Deinem Telefon und klicke die 3 Punkte oben rechts an.
  2.  Gehe dann auf den Punkt "Einstellungen/Profilfoto". Hier kannst Du Dein Foto und auch Deinen Namen ändern oder Dir eine Abkürzung aussuchen. Dein Name wird für Menschen, die nicht in Deiner Kontaktliste sind, aber ohnehin nicht angezeigt.
  3.  Nun kannst Du bei "Einstellungen/Account/Datenschutz": Hier kannst Du einstellen, wer Dein Profilbild sehen kann und ob man sehen darf, wann Du zuletzt online warst.
Telegram
  1. Mit Klick auf das Einstellungsrad kannst Du Deine Profileinstellungen aufrufen: Wähle nun "Privatsphäre und Sicherheit". Passe nun alle Privatsphäreeinstellungen an, indem Du nacheinander auf die einzelnen Bereiche klickst (Von Telefonnummer bis Weiterleitungen). Hier kannst Du bei der Anzeige entweder durchgängig "Niemand" oder "meine Kontakte" einstellen. Je nachdem wird Deine Telefonnummer gar nicht angezeigt oder nur für Menschen, die Du selbst ein deinem Telefon als deine Kontakte abgespeichert hast.
  2. Du gehst auf das oberste Feld, in dem sich Dein Name und Dein Bild befindet. Hier kannst Du Deinen Benutzernamen anpassen. Du kannst Dir nun selbst den Spitznamen verpassen, den Du schon immer haben wolltest. Viel Erfolg!
Zweifelhafte Umfragen

Noch immer existiert die verbreitete Annahme, dass die Mehrheit der russischen Bevölkerung hinter der Politik ihres Noch-Präsidenten stehen würde. Doch mal ehrlich: Wie verlässlich sind Meinungsumfragen in einem Land, in dem man schon für eine einfache Meinungsäußerung im Internet mit Gefängnisstrafe rechnen muss?   

Eine vom russischen Oppositionellen Maxim Katz in Auftrag gegebene Umfrage von Russian Field, die bereits aus März 2022 stammt, hatte ergeben, dass sich 95% von 30.000 Befragten nicht zum aktuellen politischen Geschehen äußern wollten, nur vier Prozent waren ganz klar für das Vorgehen des Kreml. (Quelle: Twitter Kanal von Maxim Katz)

Zitiert wurden auch in Deutschland dagegen immer wieder Umfragen des russischen Meinungsforschungsinstitutes Levada, das zumindest bis zum Kriegsbeginn als unabhängig galt. Obwohl das Bild der russischen Bevölkerung inzwischen in der Berichterstattung sehr viel differenzierter gezeichnet wird, haben sich die Umfrageergebnisse von Levada kaum geändert. Die Aktivistin Marina Owsjannikowa, die durch ihre Protestaktion im russischen Staatsfernsehen berühmt wurde, geht laut einem aktuellen Interview mit dem Journalisten Christian Grimm hingegen nur noch von 10 % Unterstützer*innen in der Bevölkerung aus. 
(Mehr Infos bei WEITERE LINKS)

Warum Telegram?

Telegram gilt derzeit als die am häufigsten genutzte Kommunikations- und Informationsplattform für russische Antikriegsgruppen und unabhängige Medien in Russland. 2013 wurde es von den russischen Computernerds und Brüdern Nikolai und Pavel Durov gegründet. Beide stehen auf der Seite der russischen Opposition. In einem Post vom 19.04.22 schreibt Pavel Durov auf seinem eigenen Kanal "Wir sind uns bewusst, dass Telegram zur wichtigsten Informationsquelle für die Ukraine geworden ist, und wir hoffen, dass die von uns bereitgestellten Tools dazu beitragen können, mehr Menschen zu informieren und mehr Leben zu retten."
Seit Ende Februar 2022 sind viele neue russische Kanäle für Protestgruppen entstanden, in denen immer mehr Menschen unabhängige Medienberichte teilen und sich über Protestaktionen informieren können. Auch unabhängige Nachrichtenquellen wie das russische Informationsportal MEDUZA nutzen Telegram als Plattform. Da man Telegram anonym ohne Freigabe des Namens oder der Telefonnummer verwenden kann, gelten die Kommunikationswege noch immer als weitestgehend sicher. 
Dennoch sind auch seit Februar 2022 vermehrt Berichte aufgetaucht, in denen auch Telegram Chats vom russischen Inlandsgeheimdienst mitgelesen wurden und Verhaftungen russischer Aktivist*innen erfolgt sind. 

Ebenso haben sich auf Telegram parallel zu den Protestkanälen auch weitere Propagandakanäle etabliert, in denen absichtlich desinformiert wird. Generell gilt: In offenen Gruppen ist vor allem für russische Menschen Vorsicht geboten. Hier sollten keine Informationen über andere weitergegeben werden. Zur Sicherheit kannst Du Deine Profileinstellungen anpassen. 

Bitte weise mögliche Gesprächspartner*innen in Russland unbedingt darauf hin, dass auch private Chat von Regierungsbeamten mitgelesen werden können!